Gesprächsanalyse
Gespräche und damit die mündliche Sprache im Allgemeinen gehören zu den wichtigsten Elementen des gesellschaftlichen und beruflichen Lebens eines jeden Menschen. Sprache begegnet uns dabei sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form. Jeden Tag treten wir in kommunikative Interaktionen mit anderen Menschen und führen dabei Gespräche unterschiedlichster Art – sei es mit Freunden1, mit Familienmitgliedern oder Ärzten. Gespräche begleiten uns von unserem ersten Lebenstag an. Daher stellt die Mündlichkeit einen wichtigen Bestandteil unseres Lebens dar. Sie spielt nicht nur in unserem Alltag eine besondere Rolle, sondern steht auch im unterrichtlichen Kontext im Vordergrund, da dieser meist überwiegend mündlich abgehalten wird. Insbesondere im Deutsch als Zweit- und Fremdspracheunterricht gilt es, Sprache mit Hilfe speziell entwickelter Materialien präzise und strukturiert zu vermitteln und zu fördern. Aufgrund dieser Allgegenwärtigkeit hat sich die Linguistik mit der Analyse von Gesprächen und damit mit den Besonderheiten von Sprache und Kommunikation beschäftigt. Ein wichtiges Analyseinstrument hierfür stellt die linguistische Gesprächsanalyse dar, deren Darstellung im Mittelpunkt dieser Arbeit steht. [2]
Zu Beginn erfolgen eine Begriffsdefinition, eine kurze Einführung in die Gesprächsbereiche und eine mögliche Systematik von Gesprächen. Im Anschluss daran wird das eigentliche Thema der Hausarbeit, die linguistische Gesprächsanalyse vorgestellt. Einleitend soll hierzu zunächst ein knapper Überblick über deren geschichtlichen Entwicklung gegeben und der Begriff der Gesprächsanalyse an sich geklärt werden. Nach der Beschreibung der wesentlichen Aufgaben einer linguistischen Gesprächsanalyse und der Darstellung der Gütekriterien werden die unterschiedlichen Analysekategorien dargestellt. Hierunter zählen der Gesprächs- schritt, die Gesprächssequenz, die einzelnen Gesprächsphasen sowie para- und nonverbale Analyseaspekte. Anschließend soll näher auf das Transkribieren, welches einen wichtigen Bereich innerhalb der linguistischen Gesprächsanalyse darstellt, eingegangen werden. Hierzu erfolgt zunächst eine Definition des Begriffs Transkription und der Zweck des Transkribierens sowie deren Datengrundlage. Abschließend soll noch ein kurzer Überblick über die sich im Laufe der Zeit etablierten Transkriptionssysteme gegeben werden. Im Anschluss daran wird auf den Anwendungsbezug der Gesprächsanalyse im Deutsch als Zweit- und Fremdsprachenunterricht eingegangen. Zur Abrundung der Arbeit erfolgt ein kurzes Fazit zur linguistischen Gesprächsanalyse. [2]
Das Gespräch als Gegenstand der Gesprächsanalyse
Grundlage der linguistischen Gesprächsanalyse bildet das Gespräch. Wie einleitend erwähnt, nimmt dieses einen Großteil unseres Lebens ein und begleitet uns von Beginn an. Aufgrund der hohen Bedeutsamkeit des Gesprächs für jede Gesellschaft ist die Beschäftigung der Linguistik mit diesem Gegenstand naheliegend. In den folgenden Unterpunkten soll daher kurz auf die Begriffsdefinition der Kategorie Gespräch sowie auf die verschiedenen Gesprächsbereiche und der Systematik von Gesprächen eingegangen werden. [2]
Begriffsbestimmung
In der Literatur wird zwischen einer alltagssprachlichen Begriffsdefinition und einer linguistischen Definition des Begriffs Gesprächs unterschieden. [2]
In der alltagssprachlichen Begriffsbestimmung wird das Gespräch als „Grundeinheit menschlicher Rede“ bezeichnet. [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 6] Das Gespräch findet demnach in verbaler Kommunikation statt, bei der Gedanken in Rede und Gegenrede über ein bestimmtes Thema mündlich ausgetauscht werden. Diese Definition impliziert wiederum, dass mit der Kategorie Gespräch stets ein `längerer Wechsel von Rede und Gegenrede zwischen zwei oder mehreren Personen gemeint ist. [Klaus Brinker. Sven F. Sager. 11] Gespräche werden demnach durch Sprecher und Hörer gemeinsam her- gestellt. Dieses Gemeinsame des Sprechers und Hörers wird bereits im Präfix ge- des Begriffes deutlich. [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 6]
Zusammenfassend lassen sich für die alltagssprachliche Begriffsbestimmung des Gesprächsbegriffs folgende konstitutive Merkmale festhalten: Nach Brinker/ Sager sind am Gespräch mindestens zwei Interaktanten beteiligt, die ihre Sprecher- und Hörerrolle regelmäßig wechseln. Weiter zeichnet es sich durch eine mündliche Realisierung sowie durch die Ausrichtung auf ein bestimmtes Thema aus. [Klaus Brinker. Sven F. Sager, 11] Ungeheuer nennt weiter als Charakteristikum den Wechsel von Themeninitiierung und Themenakzeptierung als auch die gegenseitige Akzeptanz der Gesprächsteilnehmer untereinander. [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 7]
Die linguistische Gesprächsdefinition knüpft direkt an die eben dargestellte alltagssprachliche Begriffsklärung an. K. Brinker und S. F. Sager nennen hierzu folgende Definition:
[Das] `Gespräch´ ist eine begrenzte Folge von sprachlichen Äußerungen, die dia- logisch ausgerichtet ist und eine thematische Orientierung aufweist. [Klaus Brinker. Sven F. Sager, S. 12]
Aus dieser zitierten Begriffsbestimmung geht hervor, dass das Gespräch in der Linguistik als eine Folge von sprachlichen Äußerungen bezeichnet wird. Eine
`Äußerung´ wird in der strukturalistischen Linguistik als beliebiger Abschnitt in der Rede einer einzigen Person definiert, vor und nach welchem die Person schweigt. [Klaus Brinker. Sven F. Sager, S. 12f.]
Weiter wird damit nochmals das Kriterium der Mündlichkeit betont. [Klaus Brinker. Sven F. Sager, S. 13] Zwar handelt es sich hierbei um sprachliche Äußerungen, jedoch werden in dieser linguistischen Definition auch para- und nonverbale Aspekte in den Mittelpunkt der Analyse gezogen (vgl. a.a.O. 12). Wie bereits die zu Beginn alltagssprachlich angeführte Begriffsklärung geht auch die Linguistik davon aus, dass es sich nur um ein Gespräch handeln kann, „wenn mindestens zwei Personen sprachlich miteinander kommunizieren und wenigstens einmal einen Sprecherwechsel vollziehen“ (a.a.O. 13). Gespräche sind also immer dialogisch ausgerichtet. Demnach treten im Unterschied zum schriftlich gedruckten Text die Gesprächsteilnehmer hier in einen unmittelbaren Kontakt, auch als face-to-face bezeichnet. [Michael Becker-Mrotzek, Gisela Brünner, S. 20] Des Weiteren muss zwischen den oben erklärten sprachlichen „Äußerungen ein thematischer Zusammenhang bestehen, wenn die Äußerungsfolge als Gespräch gelten soll“. Zudem werden im Gegensatz zur alltagssprachlichen Definition hier die Aspekte Einleitungs- und Beendigungsphase hinzugenommen.
Durch die enger gefasste Begriffsbestimmung des Gesprächs in der Linguistik ist die linguistische Definition geeigneter für das Forschungsfeld der Gesprächsanalyse. Einen Überblick über die verschiedenen Gesprächsbereiche und die Systematik von Gesprächen gibt der folgende Unterpunkt.
Gesprächsbereiche und Systematik von Gesprächen
Nach H. Henne und H. Rehbock zählen zu den Gesprächsbereichen der deutschen Standardsprache folgende Kategorien: 1) Persönliche Unterhaltung, 2) Feier-, Biertisch-, Thekengespräche, 3) Spielgespräche, 4) Werkstatt-, Labor-, Feldgespräche, 5) Kauf- und Verkaufsgespräche, 6) Kolloquien, Konferenzen, Diskussionen, 7) Mediengespräche, Interviews, 8) Unterrichtsgespräche, 9) Beratungsgespräche, 10) Amtsgespräche sowie 11) Gerichtsgespräche. [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 26]
Gespräche lassen sich neben den eben genannten Bereichen auch in folgende Systematik unterteilen:
Die erste Kategorie bilden die Gesprächsgattungen. Hierunter fallen natürliche Gespräche und fiktive beziehungsweise fiktionale Gespräche. Erstere lassen sich weiter unterteilen in natürliche, spontane oder natürliche, arrangierte Gespräche. Natürliche, spontane Gespräche umfassen echte Gespräche, die unvorbereitet und spontan geführt werden. Natürliche, arrangierte Gespräche hingegen zeichnen sich durch einen längeren Vorbereitungszeitraum aus und gelten somit als arrangiert. Fiktive Gespräche sind zu einem bestimmten Zweck entworfen, beispielsweise fallen hierunter die bereits oben genannten Unterrichtsgespräche, fiktionale Ge- spräche besitzen hingegen Aufführungscharakter. Hier sind Beispiele wie Fernsehspiele oder Theateraufführungen zu nennen. Die zweite Kategorie betrifft das Raum - Zeit- Verhältnis, also den situationellen Kontext. Hier wird zwischen der Nahkommunikation, also der face-to- face- Kommunikation und der Fernsehkommunikation, die sich zwar wie erstere durch Simultanität auszeichnet, aber räumlich fern stattfindet, unterschieden. Die dritte Kategorie umfasst die Konstellation der Gesprächspartner. Unterschieden werden in dieser Kategorie die Subkategorien interpersonales dyadisches Gespräch und das Gruppengespräch, welches zum einen in Klein- als auch in Großgruppen stattfinden kann. Die vierte Systematik nennt den Grad der Öffentlichkeit: Gespräche können sowohl privat und öffentlich als auch nicht öffentlich beziehungsweise nur halb öffentlich stattfinden, indem sie nur bestimmte Teilnehmer am Gespräch zulassen. Die fünfte Kategorie betrifft das soziale Verhältnis der Gesprächspartner. Subkategorien hierzu sind das symmetrische oder asymmetrische Verhältnis, anthropologisch bedingte Konstellationen wie zum Beispiel Erwachsener - Kind- Verhältnis, soziokulturell bedingten Umstand, darunter fallen institutionell oder gesellschaftlich bedingte Machtverhältnisse, fachlich oder sachlich bedingte Konstellationen und zuletzt gesprächsstrukturell bedingte Sachverhalte wie Interviews oder Befragungen. Die sechste Kategorie bilden die Handlungsdimensionen des Gesprächs. Subkategorien sind hier direktiv, narrativ und diskursiv, wobei letztere wiederum unterteilt werden kann in alltäglich und wissenschaftlich. Die siebte Kategorie der Systematik von Gesprächen betrifft den Bekanntheitsgrad der Gesprächsteilnehmer. Unterschieden wird hier zwischen vertraut, befreundet, bekannt, flüchtig bekannt oder sogar unbekannt. Die achte Kategorie umfasst den Grad der Vorbereitetheit der Gesprächspartner. Die Teilnehmer können entweder gezielt vorbereitet sein, beispielsweise bei einer Präsentation, routiniert vorbereitet oder nicht vorbereitet sein. Die vorletzte Kategorie bildet die Themafixiertheit des Gesprächs. Unterschieden wird hier zwischen nicht themafixiert, themabereichfixiert und speziell themafixiert. Die letzte und damit zehnte Kategorie betrifft das Verhältnis von Kommunikation und nichtsprachlichem Handeln, unterteilt in empraktisch und apraktisch.
Alle angeführten Punkte sollen nur einen groben Überblick über die Vielzahl an Gesprächsbereichen und der umfassenden Systematik von Gesprächen geben. Aufgrund des kleinen Rahmens dieser Hausarbeit wird an dieser Stelle explizit auf das Werk von H. Henne und H. Rehbock „Einführung in die Gesprächsanalyse“ [4] verwiesen.
Die linguistische Gesprächsanalyse beschäftigt sich überwiegend mit der Analyse natürlicher Alltagsgespräche der Gegenwartssprache. Gesprächsgattungen wie die oben angeführten fiktionalen Gespräche werden hingegen nicht zum Gegenstand der Analyse gemacht [Klaus Brinker. Sven F. Sager, 15].
Geschichtlicher Abriss der linguistischen Gesprächsanalyse
Grundsteine für die linguistische Gesprächsanalyse, wie wir sie heute kennen, werden erstmals in den 60er Jahren gelegt. In diesem Zeitraum kommt es erstmals „[z]ur systematischen Erforschung der gesprochenen Sprache“ (Brinker/ Sager 2010: 16, Hervorhebung der Verfasser). Durch Pionierarbeiten, unter anderem von H. Zimmermann oder H. Rupp (vgl. ebd.), wird die Vorrangstellung des Geschriebenen nun als Gleichwertig mit dem Gesprochenen angesehen (vgl. ebd.). Mit dieser erstmaligen Beschäftigung mit dem Gesprochenen bildet die gesprochene Sprache „von nun an einen eigenständigen Forschungsschwerpunkt innerhalb der Linguistik“ (ebd.). In der Folgezeit kommt es vermehrt zu Textsammlungen […] gesprochener deutscher Standardsprache´ (ebd.), in denen vor allem der grammatische Aspektinsbesondere „die Untersuchung syntaktischer Merkmale der gesprochenen im Kontrast zur geschriebenen Sprache“ (vgl. ebd.) im Mittelpunkt der Analyse stehen. Abgelöst wird dieser Untersuchungsschwerpunkt zu Beginn der 70er Jahren. Mit der pragmatischen Wende richtet die Gesprächsforschung nun ihre Aufmerksamkeit vermehrt auf situative und kommunikativ- funktionale Gesichtspunkte und erforscht insbesondere „die charakteristischen Merkmale der gesprochene[n] Sprache […] im Hinblick auf ihre Einbettung in den dialogischen Kontext“ (ebd.). In der weiteren geschichtlichen Entwicklung wird die bisherige Gesprächsforschung vermehrt durch die aufkommende amerikanische ´conversational analysis´ [Klaus Brinker, Sven F. Sager 16f.]; [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 1] und die angelsächsische Sprechakttheorie (vgl.
Brinker/ Sager 2010: 17) angeregt und beeinflusst. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Sprechakttheorie wohl den größten Einfluss ausgeübt hat, denn aus ihr werden größtenteils die unterschiedlichen Analyseeinheiten Gesprächsschritt, Gesprächssequenz und Gesprächsphase übernommen. Durch die eben aufgeführten Meilensteine in der Entwicklung der linguistischen Gesprächsanalyse wird dann in der Mitte der 70er Jahre die bisherige Gesprächsforschung durch die Gesprächsanalyse abgelöst [Klaus Brinker, Sven F. Sager, S. 18]; [Helmut Henne, Helmut Rehbock, S. 1].
3.2 Definition und Aufgaben
Die linguistische Gesprächsanalyse ist Teil der interpretativen und qualitativen Sozialforschung (vgl. Deppermann 2008: 10) und wird in der Literatur häufig gleichbedeutend mit den Begriffen „Konversationsanalyse“ (Kallmeyer/ Schütze 1976, zit.n. Henne/ Rehbock 2001:
1), „Diskursanalyse“ (Wunderlich 1976, zit.n. Henne/ Rehbock 2001: 1) oder „Linguistik des Dialogs“ (Steger 1976, zit.n. Henne/ Rehbock 2001: 1). Die Gesprächsanalyse, wie sie sich seit Mitte der 70er Jahre in Deutschland etabliert hat, ist ein Untersuchungsverfahren, das materialgestützt die Verwendung von Sprache in alltäglichen, natürlichen Kommunikationssituationen untersucht und analysiert (vgl. Henne/ Rehbock 2001: 19). Der linguistischen Gesprächsanalyse geht es also ausschließlich um die Erforschung der gesprochenen Sprache mit ihren speziellen Charakteristiken sprachlicher Äußerungen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei unter Anderem die Prinzipien der Organisation und der Sinnbildung in Gesprächen […], denen die Interaktionsteilnehmer im Vollzug von Gesprächen folgen. [Arnulf Deppermann, S. 19]
Aufgabe der linguistischen Gesprächsanalyse ist demnach die Analyse von Techniken der Gesprächsführung, die Analyse der Prozeduren und kommunikativen Ressourcen, mit denen die Gesprächsteilnehmer ihren dialogischen Austausch gestalten und die Analyse der Struktu- rierungsprinzipien, die dabei eine wesentliche Rolle spielen. K. Brinker und S.F. Sager legen diese Aufgaben nochmals in einer klaren Definition dar:
Die Gesprächsanalyse sieht es als ihre zentrale Aufgabe an, die Bedingungen und Regeln systematisch zu erforschen, die die `natürliche´ Gesprächskommunikation, d.h. dialogisches sprachliches Handeln in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (Alltag, Institution, Medien usw.), bestimmen. [Klaus Brinker. Sven F. Sager. 19]
Eine große Anzahl an eingesetzten Methoden zeichnet nicht unbedingt einen kompetenten Berater aus. Hingegen trägt die gezielte Auswahl der für die Situation und die Beteiligten (Berater wie Ratsuchender, Gesprächsleiter und -teilnehmer) passenden Methode(n) zu einer produktiven Gestaltung des Gesprächs bei. Der Berater sollte also zunächst die für ihn passende(n) Methode(n) herausfinden, erproben und dann einsetzen. [7]
Stimme:
Das wichtigste Instrument in einem Gespräch ist die Stimme. Deren bewusster Einsatz durch Modulation, Stimmlage, Sprechgeschwindigkeit, Alltags- bzw. Fachsprache, Pausen etc. hat eine (oft unbewusst) starke Wirkung auf das Gegenüber.
Aktives Zuhören:
Der „Zuhörer“ ist sich im Gespräch seiner verschiedenen Wahrnehmungskanäle beständig bewusst. Diese Wahrnehmungen werden dem Gegenüber rückgemeldet und erst anschließend durch eigene Bedeutungszuschreibungen verändert. Hierzu ist ein starkes Einfühlungsvermögen notwendig und zugleich muss dem Gegenüber das eigene Interesse am Gespräch verdeutlicht werden (z.B. durch unterstützende Gesten, kurze Rückmeldungen, Mimik).
Gesprächskiller:
Hierzu zählen alle Wörter und Gesprächsphrasen (meistens in Du-Botschaften vermittelt), die dem Gegenüber keine Handlungsmöglichkeit mehr offen lassen und somit die Kommunikation lähmen. Beispiele sind:
o „Du machst nie/immer …“
o „Jedes Mal, wenn wir an diesem Punkt angelangt sind, dann …“
o „Das kannst Du nicht beurteilen, dazu bist Du zu unerfahren/jung/alt/ … .“
o „aber“ statt „und“ verwenden, obwohl es nicht notwendig ist (à „aber“ schwächt das zuvor Gesagte ab)
o „eigentlich“ mindert die zuvor Getroffene Aussage bis hin zur Bedeutungslosigkeit
Bewusst eingesetzt können solche Gesprächskiller durch Ihre provozierende Wirkung Anstöße geben zu neuen Handlungsalternativen und neuen Perspektiven.
Ich- und Du-Botschaften:
Damit Botschaften/Gesprächsinhalte das Gegenüber auch erreichen, ist es hilfreich, statt Zuschreibungen in Form von Du-Botschaften (z.B. „Du hörst nicht richtig zu.“) Aussagen über die eigene Wahrnehmung, deren Interpretation und Gefühlszuschreibung in Form von Ich-Botschaften zu äußern, z.B.: „Ich fühle mich verunsichert, wenn ich merke, dass Du mit Deinem Nachbarn während meines Vortrags redest.“ Dadurch hat der Gesprächpartner die Möglichkeit auf die Aussage zu reagieren, ohne „auf die Anklagebank“ gesetzt zu werden. Zudem erhält er ein Feedback über die eignen Empfindungen. Insbesondere bei Beschreibungen und Interpretationen sind Du-Botschaften eher ungünstig. [7]
Hypothetisieren:
Dem Ratsuchenden werden Hypothesen aus der Wahrnehmung des Beraters vermittelt: „Könnte es sein, dass …?“ Im Gespräch werden also keine „allumfassenden Wahrheiten“ aufgetragen, sondern verdeutlicht, dass jedes Thema immer nur aus einer individuellen Perspektive betrachtet werden kann.
Spiegeln:
Hier wird die Perspektive des Beraters betont, indem er dem Ratsuchenden seine Wahrnehmung mitteilt: „Ich nehme wahr, dass ….“ – „Ich habe aus Ihren Worten … herausgehört.“ Dadurch wird dem Ratsuchenden ein Perspektivenwechsel ermöglicht, den er in seinem gewohnten Umfeld oder alleine vielleicht nicht hat.
Spiegeln kann auch nonverbal erfolgen, indem Körperhaltung, Mimik, Gestik, Sprechlage, –tempo oder Atmung des Ratsuchenden nachgeahmt werden.
Skalierungsfragen:
Fragen nach der Befindlichkeit, dem Fortschritt eines Projekts oder der Einschätzung von Fähigkeiten werden meistens mit Bewertungen wie „ganz gut“, „besser“ oder „nicht schlecht“ beschrieben. Das Problem dabei ist, dass die „Bewertungsskalen“ von jedem unterschiedlich interpretiert werden. Hilfreich ist es daher, diese Skala messbar zu machen, indem die Antwort auf einer vorgegebenen eindeutigen Skala (z.B. Prozentwerteinschätzung) eingetragen wird.
Beispiel: „Wo würden Sie die Dringlichkeit Ihres Problems auf einer Skala von 0 (keine Dringlichkeit) bis 10 (sehr hohe Dringlichkeit) einordnen?“
Reframing:
„Das Glas ist halbvoll und nicht halbleer.“ Jeder kennt dieses zunächst als Binsenweisheit erscheinende Sprichwort. Jedoch liegt in dieser einfachen Umdeutung oft die Lösung von Schwierigkeiten. Indem einer Situation ein „neuer Rahmen“ gegeben, das Positive betont und der „Wert des Belastenden“ gesehen wird, kann sich eine zielorientierte Lösung einstellen.
Folgende Methoden der Gesprächsführung sind insbesondere der Gesprächsführungstechnik des Neuro-Linguistischen-Programmierens entnommen (NLP). Dieses Kommunikationssystem wurde in den 1970er Jahren von dem Psychologen Richard Bandler (*24.02.1950) und dem Linguistikprofessor John Grinder (*10.01.1939) entwickelt. Dieses methodenreiche Beratungsmodell gründet auf der Beobachtung, dass erfolgreiche Psychotherapeuten wie beispielsweise Virginia Satir, Milton Erickson oder Fritz Perls bestimmte Kommunikations- und Verhaltensmuster intuitiv anwendeten. Von Bandler und Grinder wurden diese Verhaltensweisen systematisiert und im NLP vereint:
o „Neuro“ weißt auf den Stellenwert der Wahrnehmung, also die Informationsaufnahme durch unsere Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen, Gleichgewicht) in Kommunikationsprozessen hin.
o „Linguistik“ verweist auf den Stellenwert der Sprache im Rahmen menschlicher Kommunikation.
o „Programmieren“ wurde dem Steuerungsprozess der Informatik entlehnt. Dadurch soll ausgedrückt werden, dass unser Verhalten durch ‚Programme’ gesteuert wird, die situations-, person- und objektbezogen abgerufen werden. Diese Programme sind nicht zwingend fixiert, sondern können verändert, ergänzt oder gelöscht werden.
hahnzog_admin 14. Juli 2011 Lexikon
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Eine große Anzahl an eingesetzten Methoden zeichnet nicht unbedingt einen kompetenten Berater aus. Hingegen trägt die gezielte Auswahl der für die Situation und die Beteiligten (Berater wie Ratsuchender, Gesprächsleiter und -teilnehmer) passenden Methode(n) zu einer produktiven Gestaltung des Gesprächs bei. Der Berater sollte also zunächst die für ihn passende(n) Methode(n) herausfinden, erproben und dann einsetzen.
Kalibrieren:
Kalibrieren bezeichnet ursprünglich einen technischen Vorgang zur Einstellung und Eichung von Messgeräten. Im NLP versteht man unter Kalibrieren, zu wissen, was der Gesprächspartner intern gerade tut (z. B. an welche Erfahrung er sich gerade erinnert) und dabei genau zu beobachten, wie er dabei extern aussieht (Physiologie) und sich das zu merken. Kalibrieren erfolgt insbesondere auf der visuellen, auditiven und taktilen Wahrnehmungsebene.
Kontakt / Rapport:
Kontakt oder Rapport bezeichnet die tragfähige Beziehung zwischen zwei Personen. Diese herzustellen ist die elementare Aufgabe des Beraters à ohne Kontakt keine erfolgreiche Kommunikation! Hierzu beobachten erfolgreiche Berater die Besonderheiten ihrer Klienten sehr genau und übernehmen diese teilweise in Ihrem eigenem Verhalten im Kontakt mit dem Klienten (à vgl. Spiegeln). Durch die entstehenden Gemeinsamkeiten in Mimik, Sprechweise, Bewegung und Körperhaltung fällt die Beziehungsgestaltung leichter.
Pacing & Leading:
Folgen und Führen – ein Wechsel zwischen Gesprächsphasen, in denen durch aktives Zuhören oder nonverbale Zuwendung dem Ratsuchenden Platz für seine Gedanken gegeben wird (Pacing), und Gesprächsphasen, in denen der Berater durch gezieltes Nachfragen das Gespräch in eine bestimmte Richtung führt (Leading), hält den Prozess lebendig. [7]
⠀ Gespräch. Deklination des Substantivs. Phonetik mit Plural und Artikel. – Ressource: https://www.verbformen.de/deklination/substantive/?w=Gespr%C3%A4ch
⠀ Linda Jirschitzka. Die linguistische Gesprächsanalyse. – Ressource: https://www.grin.com/document/416954
⠀ Klaus Brinker. Sven F. Sager. Linguistische Gesprächsanalyse: Eine Einführung. Schmidt, Erich Verlag; 5., neu bearbeitete Auflage. (October 28, 2010). ISBN-13: 978-3503122073
⠀ Helmut Henne, Helmut Rehbock. Einführung in die Gesprächsanalyse. Walter de Gruyter-Verlag, 2001. 336 Seiten.
⠀ Michael Becker-Mrotzek, Gisela Brünner. Gesprächsanalyse und Gesprächsführung: Eine Unterrichtsreihe für die Sekundarstufe II. Verlag für Gesprächsforschung; Neuaufl. edition (1 Nov. 2006). 75 Seiten. ISBN-13 : 978-3936656282
⠀ Arnulf Deppermann. Gespreche analysieren. Eine Einführung, 2015. – Ressource: https://www.researchgate.net/publication/334035801_DEPPERMANN_ARNULF_2008_GESPRACHE_ANALYSIEREN_EINE_EINFUHRUNG
⠀ Simon Hahnzog – Methoden der Gesprächsführung: Gesprächsmethoden – Basic. – Ressource: https://www.hahnzog.de/organisationsberatung/gesprachsmethoden-basic