Sprechakttheorie
Zur Theorie der Sprechakte ist die deutsche Bearbeitung (nicht nur Übersetzung, siehe unten) des Buches How to do things with Words des britischen Philosophen John Langshaw Austin. Dieses sprachphilosophische Werk ist die schriftliche Niederlegung einer zwölfteiligen Vorlesung, die Austin 1955 an der Harvard-Universität hielt. Austin arbeitet mit vielen Beispielen aus der englischen Sprache. Sie könnten bei einer Übersetzung ihren exemplarischen Charakter verlieren und müssen folglich durch passende deutsche Beispiele ersetzt werden.
Inhalte und Aussagen
In der Nachfolge Wittgensteins und als Vorläufer für die Sprechakt-Theorien von John Searle und Jacques Derrida stellt Austin sprachliche Äußerungen als kontextabhängige Handlungen dar, denn die Philosophen haben jetzt lange genug angenommen, das Geschäft von 'Feststellungen' oder 'Aussagen' sei einzig und allein, einen Sachverhalt zu 'beschreiben' oder 'eine Tatsache zu behaupten', und zwar entweder zutreffend oder unzutreffend.
Reizvoll an How to do Things with Words sind Austins subtiler Witz und seine Methode, philosophische Lehrmeinungen zu widerlegen, indem er die entsprechenden Philosophen nicht namentlich nennt, sondern ihre Beispiele aufgreift und ad absurdum führt. Auf diese Weise greift er immer wieder die „Konkurrenz“ der Cambridger Schule um Bertrand Russell, G. E. Moore und Ludwig Wittgenstein an:
Austin widerlegt Moore, indem er Moores Paradoxon „Es regnet, aber ich glaube es nicht“ dahingehend auflöst, dass er Moore vorwirft, dieser verstoße gegen die Gelingensbedingung der Konsequenz. Die Konsequenz einer Feststellung ist, dass man auch an die Feststellung glaubt.
Austin nimmt sich auch Russells berühmtes Beispiel „Der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig“ vor. Russell hatte festgestellt, dass in einer zweiwertigen Logik dieser Satz sich nicht unterscheidet von beispielsweise „Der gegenwärtige Präsident der USA ist kahlköpfig“, obwohl der erste Satz offenkundig „falscher“ als der zweite Satz ist, da Frankreich keinen König hat. Austin widerlegt Russell, indem er sagt, dieser verstoße gegen die Vorbedingung oder Eingangsbedingung dieser Äußerung, indem er über etwas eine Aussage tätigt, das nicht existiert.
Wittgenstein muss sich von Austin den Vorwurf gefallen lassen, dass nichts gewonnen sei, wenn man „Bedeutung“ durch „Gebrauch“ ersetzt. Obwohl Austin Wittgensteins Grundannahme, dass Sprechen in erster Linie Handeln ist, teilt, hat er eine vollkommen andere Herangehensweise. Wo Wittgenstein Paragraphen aneinander hängt, setzt Austin auf systematische Beispiele. So versucht er etwa den performativen Sprechakt der Taufe zu erfassen, indem er alle denkbaren Möglichkeiten durchspielt. Er tauft Kinder auf den falschen Namen oder auf Nummern, er tauft Schiffe oder gar Pinguine.
Man kann die „Theorie der Sprechakte“ in drei Teile gliedern. Die Vorlesungen 1 bis 4 sind eine logische Analyse und 5 bis 8 stellen eine phänomenologische dar. Danach inszeniert Austin den Zusammenbruch seiner ersten These und geht zur zweiten über, an der er sich bis zum Ende des Buches durcharbeitet. Die Frage, warum Austin diesen Zusammenbruch inszeniert, beantwortet sich dadurch, dass er sich gegen die gesamte philosophische Tradition seit Platon stellte. Demnach sei ein Satz dahingehend zu prüfen, ob er wahr oder falsch sei. Es ist klassisches Understatement, dass er sich zunächst eine Teilklasse aller Äußerungen herausgreift, die offensichtlich nichts mit Wahrheit zu tun haben. Erst nachdem er dies hinreichend bewiesen hat, führt er dem Leser an zahllosen Beispielen vor Augen, dass die Unterteilung Performativa/Konstativa nicht funktioniert, da die Wahrheit auch bei den Performativa hineinspielt und das Misslingen bei den Konstativa. So kann er die eigentliche These, dass jede Äußerung zugleich eine Handlung darstellt und wahr oder falsch sein kann, präsentieren.
Austin war unter anderem Lehrer des US-amerikanischen Philosophen John Rogers Searle. Es ist umstritten, ob Searles Sprechakttheorie einen Fortschritt gegenüber Austins darstellt. Searle arbeitet die Theorie weiter aus, verfängt sich dabei jedoch in einige Widersprüche und spart an Beispielen, wo Austin eine Fülle dieser liefert.
Austin sagt zu Beginn und am Ende von How to do Things with Words, Ziel der Theorie sei es, „den Wahr/Falsch-Fetisch und den Sein/Sollen-Fetisch“ zu bekämpfen. Searle schloss daraus, dass man mit der Sprechakttheorie den naturalistischen Fehlschluss auflösen könne. Seine Analyse wird aber stark angezweifelt in der analytischen Philosophie. Ihm wird der Vorwurf gemacht, er unterschlage lediglich eine normative Prämisse. Es gibt die Theorie, dass Austin nicht den naturalistischen Fehlschluss auflösen, sondern verdeutlichen wollte, dass man bei den allermeisten Äußerungen gar nicht entscheiden könne, ob sie faktisch oder normativ seien, da beides hineinspiele.
Austins Sprechakttheorie stellt auch die Basis von Habermas’ „Theorie des Kommunikativen Handelns“ dar. [2]
Sprechakttheorie
Die Sprechakttheorie hat ihren Ursprung in der englischen Ordinary Language Philosophy. „Die Vertreter dieses philosophischen Ansatzes gehen davon aus, dass die traditionelle Philosophie an einer unklaren, überzüchteten und damit letztlich bedeutungslosen Sprache krankt.“[1] Aus diesem Grund konzentrierten sie sich darauf, das faktische Funktionieren der natürlichen Alltagssprache zu beschreiben. Als Begründer dieser Theorie gilt John L. Austin, der Anfang der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts die Idee entwickelte, dass wir mit bestimmten Äußerungen zugleich eine Handlung vollziehen, dass wir handeln, indem wir sprechen. Diesen Gedanken griff John R. Searle in der Folge auf und entwickelte Austins Theorie in entscheidenden Punkten weiter. Heute gilt er als einer der wichtigsten Wegbereiter und Vertreter der Sprechakttheorie.
Kernpunkt der Untersuchungen Searles ist die Auseinandersetzung mit der, wie er sie nennt, „gotthaften Form des Wortzaubers“ [3, Searle, John R.]: gewisse Arten von Sprechakten, können nämlich bestimmte Sachverhalte dadurch herbeiführen, dass sie diese als herbeigeführt repräsentieren. „Wir können so zwar keine Eier braten, aber immerhin Sitzungen vertagen, zurücktreten, Brautleute zu Mann und Frau machen und Krieg erklären“.
Der Handlungscharakter sprachlicher Äußerungen steht im Mittelpunkt der Sprechakttheorie. Ihr Hauptaugenmerk gilt dem Gebrauch von sprachlichen Formen in der Kommunikation. Wann immer wir kommunizieren sind wir bestrebt mit Hilfe eines Sprechaktes etwas mitzuteilen, darin liegt der Grund warum wir Sprache benutzen. Niemand sagt etwas, nur um Laute zu produzieren.
Die Theorie der Sprechakte konnte sich als eine eigenständige Teildisziplin der Linguistik etablieren. [4, Hartmann, Dirk] Heute beschäftigt sie sich vor allem mit der Analyse der Bedingungen des Gelingens und Misslingens von Sprechakten und dem Zusammenhang von Äußerungen in einer bestimmten grammatischen Form mit dem Vollzug von Sprechhandlungstypen.
Austins Idee
John Austin stellte seine Theorie der Sprechakte Anfang der fünfziger Jahre in Vorlesungen an verschiedenen englischen und amerikanischen Universitäten der Öffentlichkeit vor. Nach seinem Tod entstand aus seinen Unterlagen und verschiedenen Mitschriften „How to do things with words“. In seiner Theorie der Sprechakte geht es Austin darum zu zeigen, dass sich eine Analyse der Sprache nicht auf Sätze beschränken darf, die einen Sachverhalt beschreiben oder eine Tatsache behaupten und damit entweder wahr oder falsch sind. Vielmehr erfüllt die Sprache auch die Funktion Handlungen auszuführen. Äußerungen, wie Ich verspreche pünktlich zu sein’ nennt Austin performativ, im Gegensatz zu konstativen, wie ‚Es schneit’. Um zu zeigen worin der Unterschied zwischen performativen und konstativen Äußerungen besteht untersuchte Austin, „was es alles bedeuten kann, dass etwas Sagen etwas Tun heißt; dass man etwas tut, indem man etwas sagt; dass man etwas sagt, etwas tut.“
Die gesamte Sprechhandlung „»etwas zu sagen«“, als vollständige Einheit der Rede, nennt Austin, „den Vollzug eines lokutionären Aktes“. Dieser lokutionäre Akt setzt sich aus drei Teilakten zusammen.
Die Weiterentwicklung durch Searle
John Searle baute auf Austins Gedanken auf, er übernahm die Idee, dass mit Worten auch gehandelt wird und dass jede sprachliche Äußerung, jeder Sprechakt, neben einer begrifflichen, propositionalen Seite auch eine performative Seite aufweist. Darum ist die Grundeinheit der sprachlichen Kommunikation nicht, „wie allgemein angenommen wurde, das Symbol, das Wort oder der Satz, [...] sondern die Produktion oder Hervorbringung des Symbols oder Wortes oder Satzes im Vollzug des Sprechaktes.“
Die Trennung zwischen der Untersuchung von Satzbedeutung und Sprechakten hält Searle für unangemessen, da jeder Satz, der eine Bedeutung hat, aufgrund seiner Bedeutung verwendet werden kann, um einen Sprechakt zu vollziehen, und da jeder mögliche Sprechakt im Prinzip als Satz oder Reihe von Sätzen formuliert werden kann. Es handelt sich „bei der Untersuchung der Bedeutung von Sätzen und bei der Untersuchung der Sprechakte nicht um zwei voneinander unabhängige Untersuchungen, sondern um eine Untersuchung unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten.“
Bei seinem Anliegen eine Theorie der Sprache zu entwickeln beschränkte er sich nicht nur auf die Analyse von Sprechakten, sondern er beschäftigte sich auch eingehend mit dem Problem der Intentionalität und intentionalen Zustände, denn so Searle:
„Das Vermögen von Sprechakten, Gegenstände und Sachverhalte in der Welt zu repräsentieren, ist eine Erweiterung des biologisch fundamentaleren Vermögens des Geistes (bzw. Hirns), den Organismus mit Hilfe von Geisteszuständen wie Überzeugungen und Wünschen, insbesondere aber mittels Handlung und Wahrnehmung zur Welt in Beziehung zu setzen. [...] Aus diesen Gründen verlangt jede vollständige Theorie des Sprechens und der Sprache auch eine Theorie darüber, wie der Geist bzw. das Hirn den Organismus zur Wirklichkeit in Beziehung setzt.“
Im folgende soll sowohl seine Sprechaktanalyse, als auch seine Darstellung zur Intentionalität näher betrachtet werden. [5]
⠀ Deklination des Substantivs. – Adresse von der Ressource: https://www.verbformen.de/deklination/substantive/?w=Theorie
⠀ Zur Theorie der Sprechakte // WikipediA. – Adresse von der Ressource: https://de.wikipedia.org/wiki/Zur_Theorie_der_Sprechakte
⠀ Die Sprechakttheorie nach Austin und Searle // GRIN. – Adresse von der Ressource: https://www.grin.com/document/42914
⠀ Deutsche Ausgabe: Zur Theorie der Sprechakte. Deutsche Bearbeitung von Eike von Savigny. Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-009396-1