Morphologie
Morphologie ist die Formenlehre der Sprache. Sie ist die Wissenschaft von den Formveränderungen, denen die Wörter durch Deklination und Konjugation unterliegen. Indem die Morphologie die Strukturen der Wörter und ihre Veränderungen untersucht, setzt sie diese in Beziehung zu den damit verbundenen Bedeutungen und Bedeutungsveränderungen. Das ist weder Gegenstand der Phonologie/Phonetik noch der Syntax. Morphologie ist die Theorie, die den Weg vom Morphem zum Wort beschreibt. Es gibt eine Hierarchie:
Phonem – Morphem – Wort – Satz – Text.
Wichtige Grundbegriffe der Morphologie sind Morphem, Amorph, Morph, Allomorph, Lexem, Wort.
Morphologie ist die Formenlehre der Sprache. Sie ist die Wissenschaft von den Formveränderungen, denen die Wörter durch Deklination und Konjugation unterliegen.
Der ursprüngliche deutsche Begriff war „Formenlehre“, was genau dem griechischen Ausdruck entspricht. „Morphologie“ ist der Biologie entlehnt. Die biologisch-linguistischen Parallelen des 19. Jahrhunderts (Sprache als Organismus) sind heute jedoch ohne Bedeutung.
Indem die Morphologie die Strukturen der Wörter und ihre Veränderungen untersucht, setzt sie diese in Beziehung zu den damit verbundenen Bedeutungen und Bedeutungsveränderungen. Das ist weder Gegenstand der Phonologie/Phonetik noch der Syntax. In alten Grammatiken nahm die Morphologie den wichtigsten Platz ein. Das hat sich im 19. Jahrhundert geändert (seit K. F. Becker [1775–1849]) [2].
Die Kombination von Morphemen zu größeren Komplexen, wie Phrasen oder Sätzen, gehört nicht zum Gegenstand der Morphologie; auch nicht die Betrachtung der Wörter als Kombinationen von Phonemen. Morphologie ist die Theorie, die den Weg vom Morphem zum Wort beschreibt.
Es gibt eine Hierarchie
Phonem – Morphem – Wort – Satz – Text.
Dennoch ist es möglich, dass bestimmte Einheiten gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen gültig sein können:
das englische I (ich) ist Phonem, Morphem und Wort;
das deutsche Sprich ist Morphem, Wort und Satz.
Grundbegriffe der Morphologie
Wichtige Grundbegriffe der Morphologie sind Morphem, Amorph, Morph, Allomorph, Lexem, Wort. Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden und grammatischen Einheiten in einer Sprache. Durch die Morpheme wird eine Beziehung zwischen Formen und Bedeutungen unterhalb der Wortebene hergestellt. Morpheme sind abstrakte Einheiten. Amorphe sind Einheiten, die zwar selber nicht in das morphologische System eingegliedert sind, aber als Basis von Ableitungen dienen können.
Beispiele:
plumps - plumpsen
da-da- - Dadaismus
Morphe sind die konkreten Einheiten, die als Bestandteile von Wortformen auftreten. Es sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Äußerung. Morpheme werden durch Morphe realisiert. Eine Wortform ist somit eine endliche Kette von Morphen.
Beispiele:
Morphe mit gleicher Form und unterschiedlicher Bedeutung heißen homonym. Sie gehören dann verschiedenen Morphemen an.
Allomorphe sind Morphe, die Morpheme unter bestimmten Bedingungen realisieren. Allomorphe sind Elemente der Mengen, die den Morphemen entsprechen. Hinsichtlich der Ähnlichkeit in der Form lassen sich in solchen Mengen zwei Fälle deutlich unterscheiden:
1. Bestimmte Allomorphe weisen untereinander keinerlei Ähnlichkeit auf.
Beispiele:
gut, besser; sein, bin, war (deutsch)
go, went; be, am, was (englisch)
Das sind Formen, die tatsächlich keinen Zugang besitzen.
2. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen den Amorphen.
Beispiele:
geb, gib, gab (Ablautreihen)
greif, griff; denk, dacht (zusätzliche Stammveränderungen)
maus, mäus; hut, hüt; jung, jüng (Umlaut) [2]
In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Ähnlichkeiten in Regeln zu fassen. Dies sind Umformungsregeln, die es gestatten, aus einem Allomorph – dem Basisallomorph – die übrigen herzuleiten. Lexeme sind (wie Morpheme) abstrakte Einheiten, und zwar Ketten von Morphemen. Sie werden durch Wortformen realisiert, d.h. durch Ketten von Morphen. Die Wortformen geben die Formen des Lexems an, die beim Lexem selbst nicht bestimmt sind.
Morphologie ist die Lehre von den Formen. Sie ist in vielen Wissenschaftszweigen ein Teilgebiet, z.B.:
1. Biologie
2. Geologie
3. Sprachwissenschaft
• Der Begriff wurde von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) als die Lehre von den Formen, besonders in der Botanik, eingefuhrt. ¨
• Der Indogermanist August Schleicher (1821-1868)
hat den Begriff in die Sprachwissenschaft eingefuhrt (Schleicher 1860).
• In der Sprachwissenschaft ist die Morphologie die
Lehre von den Formen der W¨orter. Es geht um
1. die Regeln, nach denen W¨orter geformt werden,
2. die Strukturen, die sich dabei ergeben [3: 2]
• Einige W¨orter des Deutschen:
(1) Wasser, arm, laut, gib, Katze, mit, ein
(2) Wasserhahn, h¨orbar, unromantisch
(3) Ende
endlich
unendlich
unendlichkeit
Unendlichkeiten
• Beobachtung:
1. Die W¨orter in (2) und (3) sind komplex; sie
enthalten Teile, die andere W¨orter sind bzw. eine
eigene Bedeutung tragen.
2. Die W¨orter in (1) dagegen sind einfach; sie
k¨onnen nicht weiter in sinntragende Einheiten
zerlegt werden. [3: 3]
Beispiele:
1. Katze 6= Ka + tze, 6= Katz +e, 6= K + atze [3: 4].
2. Wasserhahn = Wasser + hahn [3: 4].
3. unendlich = un + end + lich [3: 4].
• Frage: Sind komplexe W¨orter immer aus anderen
W¨ortern zusammengesetzt, so wie Wasserhahn?
• Antwort: Nein. Beispielsweise besteht h¨orbar aus h¨or
(wie z.B. in H¨or mir zu!) und -bar. Aber man wurde ¨
-bar intuitiv nicht als Wort bezeichnen wollen.
• Einwand: Aber bar ist doch ein Wort (wie z.B. in
Das ist bar jeder Vernunft).
• Antwort: Schon. Aber das bar in bar jeder Vernunft
bedeutet etwas anderes als das -bar in h¨orbar. Und intuitiv ist das erste eben ein selbstst¨andiges Wort, das zweite nicht [3: 4].
• -bar ist also kein Wort. Jeder Satz, der dem Schema Y ist X-bar folgt, tr¨agt aber in etwa die Bedeutung “Man kann Y X-en”.
• Frage: Woher wissen wir, dass -bar eine solche Bedeutung tr¨agt?
• Antwort: -bar taucht in verschiedenen W¨ortern auf,
und es tr¨agt dabei immer dieselbe Bedeutung bei:
(4) Y ist trink-bar → Man kann Y trinken
Y ist l¨os-bar → Man kann Y l¨osen
Y ist h¨or-bar → Man kann Y h¨oren
Y ist ess-bar → Man kann Y essen
Y ist ertrag-bar → Man kann Y ertragen
• Beobachtung: Die S¨atze der linken Spalte
1. folgen dem Schema Y ist X + -bar,
2. bedeuten “Man kann Y X-en” (rechte Spalte),
3. folgen also alle einem Muster.
• Der konstante Teil des Musters wird dadurch bestimmt, dass derselbe sprachliche Ausdruck (-bar)
immer vorkommt und dieselbe Bedeutung beitr¨agt.
• -bar ist also ein Paar aus lautlicher Gestalt (oder
Signal) und einer fixen Bedeutung.
• Komplexe W¨orter sind also nicht immer aus einfachen W¨ortern zusammengesetzt (obwohl das manchmal zutrifft).
• Die kleinsten (morphologischen) Bausteine komplexer W¨orter sind vielmehr lautliche Gestalten, die mit
einer bestimmten Bedeutung gepaart sind (und das
mussen
¨ nicht W¨orter sein).
• Diese kleinsten Bausteine werden Morpheme genannt.
Allomorphie
• Die konkrete phonologische Realisierung (lautliche
Gestalt) eines Morphems wird manchmal Morph
genannt.
• Oft wird zwischen Morphem und Morph nicht unterschieden; man spricht einfach von Morphemen.
• Morpheme k¨onnen verschiedene lautliche Gestalten
haben und trotzdem dieselbe (nicht-phonologische)
Funktion erfullen. ¨ Man nennt dies Allomorphie.
(9) a. Kind, Kind-er
b. Greis, Greis-e
c. Auto, Auto-s
d. Bett, Bett-en
e. Zecke, Zecke-n
• Die Morphe(me) -er, -e, -s, -en, -n in (9) sind
Allomorphe eines abstrakten Pluralmorphems.
Typen von Morphemen
• Ein Stamm ist ein Morphem, an das sich andere Morpheme anh¨angen, so wie sich in (18) ein- an den Stamm sicht h¨angt. (18) Ein-sicht
• Ein Stamm ist einfach (wie sicht in (18)), wenn er nur aus einem Morphem besteht. Er ist komplex (wie ein-sicht in (19)), wenn er aus mehreren Teilen besteht. (19) ein-sicht-ig
• Einen einfachen Stamm (wie sicht in (18), (19)) nennt man auch Wurzel.
Merkmale
• Jedes Morphem hat bestimmte Eigenschaften. Diese Eigenschaften nennt man auch Merkmale.
• Man unterscheidet wenigstens
1. phonologische Merkmale
2. semantische Merkmale
3. morpho-syntaktische Merkmale
• Beispiel: Das Morphem Blut im Deutschen hat folgende Merkmale:
1. phonologische: /blu:t/
2. semantische: [Masse], [Konkret], . . .
3. morpho-syntaktische: [Nomen], [Nominativ], . . .
• Morpho-syntaktische Merkmale sind Merkmale, die sowohl in der Morphologie als auch in der Syntax eine Rolle spielen [3: 28].
Ein Merkmal wie [Nomen] (kurz [N] oder N) nenntman ein Kategorienmerkmal.
• Man unterscheidet wenigstens folgende Kategorien:
1. Nomen (N)
2. Verb (V)
3. Adjektiv (A)
4. Pr¨aposition (P)
• Beispiele:
1. N: Buch, Wasser, Odessa, Kinderschutz
2. V: rufen, trinkst, geschlafen, ginge
3. A: gut, sch¨oner, bomben-gerade
4. P: in, auf, gegen, nach [3: 29]
Kategorienmerkmale braucht man in der Syntax:
W¨orter, verschiedener Kategorien, treten an verschiedenen Stellen auf:
• N taucht im Deutschen rechts neben V wie kennen
auf, A, P und V nicht.
(31) a. Fritz kennt [N Maria ]
b. *Fritz kennt [A sch¨on ]
c. *Fritz kennt [P auf ]
d. *Fritz kennt [V schl¨aft ]
• Kategorienmerkmale werden oft als Indizes an Klammerstrukturen angegeben [3: 30].
A taucht im Deutschen zwischen Artikelw¨ortern wie ein und N auf, N , P und V nicht.
(32) a. *ein [N Maria ] Buch
b. ein [A sch¨ones ] Buch
c. *ein [P auf ] Buch
d. *ein [V liest ] Buch
• V (außer infinitem V) besetzt im Deutschen die zweite Position im Hauptsatz, N , P und A nicht.
(33) a. *Fritz [N Bucher ¨ ] liest
b. *Fritz [A dicke ] liest Bucher ¨
c. *Fritz [P auf ] steht Bucher ¨
d. Fritz [V liest ] Bucher
Kategorienmerkmale braucht man aber auch in der Morphologie: Affixe verbinden sich oft nur mit Kategorien ganz bestimmter St¨amme:
• -bar tritt im Deutschen nur zusammen auf mit
einem Stamm der Kategorie V.
(34) a. [V ess ]-bar, [V trink ]-bar, [V denk ]-bar
b. *[N Frau ]-bar, *[N Tisch ]-bar
c. *[P auf ]-bar, *[P ab ]-bar, *[P mit ]-bar
d. *[A sch¨on ]-bar, *[A sanft ]-bar
• -ity im Englischen tritt nur zusammen mit St¨ammen
der Kategorie A auf.
(35) a. [A sincer ]-ity, [A curios ]-ity
b. *[V drink ]-ity, *[V lov ]-ity
c. *[N book ]-ity, *[N stor ]-ity
d. *[P up ]-ity, *[P down ]-ity, *[P in ]-ity [3: 32]
Die Sprachwissenschaft beschäftigen sich mit verschiedenen Ebenen von Sprache. Eine Ebene ist die Morphologie, in der die Zusammensetzung von Wörtern analysiert wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Morphem, das als die kleinste bedeutungstragende Einheit gilt. Einige Wörter – wie zum Beispiel Hund, auf oder grün – sind solche Morpheme, da man sie nicht mehr in kleinere bedeutungstragende Einheiten zerlegen kann. Andere Wörter, wie Rhabarber+kuchen+bäcker+in oder kind+lich kann man hingegen nochmal in einzelne bedeutungstragende Elemente, also Morpheme, unterteilen. Das letzte Beispiel zeigt uns, dass nicht alle Bausteine den gleichen Status haben: -lich kann nicht als eigenständiges Wort vorkommen, sondern tritt nur in Verbindung mit anderen Wörtern wie häus-lich, häss-lich, sport-lich etc. auf, während Kind auch ohne weitere Elemente selbstständig vorkommen kann. Kind ist somit eine Wurzel, -lich ein Affix – genauer gesagt ein Suffix, da es hinter die Wurzel tritt. Eine weitere wichtige Beobachtung ist, dass es im Deutschen keine 1:1-Beziehung zwischen der Form von Elementen und ihrer Funktion gibt. Zum Beispiel gibt es verschiedene formale Möglichkeiten, um die Information ‘Plural’ auszudrücken: Hund+e, Frau+en, Kind+er, Oma+s, um nur einige zu nennen. Andersherum kann beispielsweise der Artikel der anzeigen, dass es sich um ein maskulines Nomen im Nominativ Singular oder ein feminines Nomen im Genitiv oder Dativ Singular handelt [4].
Die Morphologie ist ein Teilgebiet der Linguistik. Morphologen und Morphologinnen interessieren sich sowohl für Bildungen von Wörtern wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwe oder Feuerwehrrettungshubschraubernotlandeplatz, als auch für die Konjugation von Verben etc.
Als Teildisziplin der Sprachwissenschaft steht für Morphologen und Morphologinnen das Wort immer im Mittelpunkt. Es wird die Struktur, Funktion und Bildung von Worten untersucht. Die Morphologie versucht also gewissermaßen, der Architektur von Wörtern auf die Spur zu kommen. Um aber überhaupt Regeln und Gesetzmäßigkeiten bestimmen zu können, werden die Wörter in der Morphologie zunächst in ihre einzelnen Teile zerlegt. Die Morphologische Linguistik arbeitet demnach mit Sprache wie mit einer Art Baukastensystem, das auch komplexe Wörter in einzelne Bausteine segmentiert, um sie dann klassifizieren zu können [5].
Was ist ein Morphem?
Die kleinste funktionstragende sprachliche Einheit bei der Analyse der baulichen Struktur von Wörtern ist das Morphem. Unter einem Morphem versteht man ein sprachliches Zeichen, dass eine Bedeutung hat und sich nicht weiter in kleinere Bestandteile zerlegen lässt. Das Morphem trägt dabei immer eine Funktion.
Verschiedene Formen des Wortes [Haus] wie zum Beispiel [Häus+er], [Haus+mann], [häus+lich] oder [haus+en] werden von Menschen, die die Sprache sprechen als zusammengehörig erkannt. Und das gelingt, obwohl es sich bei den Beispielen um Nomen (Hausmann, Häuser), um Adjektive (häuslich) oder Verben (hausen) handelt und sich außerdem sogar die Schreibweise des Doppelvokals (von [au] zu [äu]) ändert. Die genannten Beispiele bilden Morphemvarianten zu dem Morphem [Haus].
Das Morphem [Haus] ist dabei ein freies und lexikalisches Morphem, auch Wurzelmorphem genannt. Dabei handelt es sich um die wichtigste Morphemklasse von allen, denn sie sind der lexikalisch unverzichtbare Teil eines Wortes. Jedes Wort muss ein Wurzelmorphem enthalten. Weitere Wurzelmorpheme sind beispielsweise [rot] [nimm][geh][Tisch][les][freund]. Es gibt aber noch mehr Arten von Morphemen, so können Morpheme auch gebunden sein, es gibt unikale Morpheme, derivative oder flexive Morpheme.
An folgendem Beispiel sieht man außerdem gut, dass Morpheme nicht gleich Silben sind. Silben strukturieren Worte auf lautlicher Ebene, indem sie einen Rhythmus der Betonung vorgeben. Morpheme hingegen zeigen die grammatikalische Funktion auf.
Morphemstruktur: [Donau+dampf+schiff+fahr+t+s+gesell+schaft+s+kapitän+s+witw+e]
Silbenstruktur: [Do-nau-dampf-schiff-fahrts-ge-sell-schafts-ka-pi-täns-wit-we]
Was ist der Unterschied zwischen einem Morphem und einem Morph?
Ein Morph ist die kleinste segmentierbare Einheit einer Wortform, welche semantische oder grammatische Informationen trägt. Jedes Wort lässt sich in Morphe segmentieren, ein Morph ist also der kleinste Baustein, in den man Wörter aufteilen kann. Dabei sind diese Bausteine aber noch nicht klassifiziert. Es geht dabei also rein um die Struktur. Zu dem Morphem grenzt sich das Morph über die Funktion ab. Denn das Morph ist die kleinste Einheit rein auf der Formebene und damit ein abstraktes Konzept [5].
Die Morphologie (von altgriechisch μορφή morphé, deutsch ‚Gestalt‘, ‚Form‘, und λόγος lógos, deutsch ‚Wort‘, ‚Lehre‘, ‚Vernunft‘), auch: Morphematik oder Morphemik, ist eine linguistische Teildisziplin, deren Untersuchungsobjekt das Wort als größte und das Morphem als kleinste Einheit ist. Sie untersucht die Struktur von Wörtern, deren Aufbau und Regularitäten des Aufbaus. Durch strukturalistisches Vorgehen (Segmentieren, Substituieren und Klassifizieren) werden die kleinsten bedeutungstragenden oder mit einer grammatischen Funktion versehenen Einheiten (Morpheme) identifiziert. Klassifiziert wird nach dem Kriterium der Bedeutung und der Unabhängigkeit. In der traditionellen Grammatik heißt die Morphologie Formenlehre. Sie behandelt, vom Wort ausgehend, die Analyse der Flexionsformen und der Wortarten. Daneben beinhaltet sie außerdem auch die Wortbildung, deren Funktion die Bildung von abgeleiteten Sekundärstämmen aus primären oder bereits abgeleiteten Stämmen ist [6].
Begriffsherkunft
Der Begriff „Morphologie“ wurde im 19. Jahrhundert von den Sprachwissenschaftlern aus einer anderen wissenschaftlichen Disziplin übernommen, um typische Wortbildungsmuster zu beschreiben. Ursprünglich stammt der Ausdruck von Johann Wolfgang von Goethe, der ihn für die Lehre von den Formen, besonders in der Botanik, eingeführt hat.[1] August Schleicher übernahm ihn 1859 für die Sprachwissenschaft.[2][3] Den Begriff „Morphem“ verwendet Leonard Bloomfield bereits in seinem Aufsatz A set of postulates for the science of language (1926): “A minimum form is a morpheme; its meaning a sememe”.
Der Status der Morphologie hat sich immer wieder geändert, sowohl bei der Frage, welche Bereiche der Sprachbeschreibung ihr zuzurechnen sind, als auch hinsichtlich ihrer Einbettung in die Regelsysteme der verschiedenen Grammatikmodelle. Zur Abgrenzung der Morphologie von der Syntax s. den Artikel über Syntax. Der Grenzbereich zwischen Morphologie und Syntax ist die Morphosyntax und erforscht die gegenseitigen Beeinflussungen von morphologischen und syntaktischen Prozessen. Die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen morphologischen und phonologischen Prozessen, also Vorgängen betreffend die Sprachlaute, behandelt die Morphonologie.
Morphologie als Untersuchung der Wortstruktur generell umfasst in der Regel Wortbildung und Flexion. Einige Schulen betrachten Wortbildung aber als eigene Disziplin.
Der Unterschied zwischen Flexion und Wortbildung besteht im Wesentlichen darin, dass durch Wortbildung neue Wörter entstehen, während die Flexion die grammatischen Funktionen der Wörter im Satz zum Ausdruck bringt. So wird aus dem Substantiv „(die) Tat“ durch Wortbildung, beispielsweise durch Ableitung mit dem Präfix „un-“, das neue Wort „Untat“. Durch Flexion aber entsteht aus „Tat“ in einem Satz wie „Die Taten müssen bestraft werden“ kein neues Wort, sondern mit der Form „Taten“ wird das zusätzliche Merkmal Plural angezeigt. „Tat“ und „Untat“ sind demnach zwei verschiedene Wörter, während „Tat“ und „Taten“ zwei Formen desselben Wortes darstellen. Der gleiche Fall liegt etwa bei „schreiben“ und „beschreiben“ vor (zwei Wörter) bzw. „schreiben“ und „schreibst“ (zwei Wortformen). Flexionsmerkmale können auch mehr oder weniger bedeutungshaltig sein (etwa im Fall des Plurals) [6].
Abgrenzungschwierigkeiten zwischen Wortbildung und Flexion können dann auftreten, wenn in Flexion und Wortbildung die gleichen grammatischen/semantischen Funktionen zum Ausdruck kommen. Im Deutschen ist das grammatikalische Geschlecht (Genus) eine solche Kategorie: Einerseits gibt es eine Genusflexion bei Artikeln, Adjektiven und Pronomen, das heißt Wörter werden je nach grammatikalischem Geschlecht unterschiedlich flektiert bzw. „der“, „die“ und „das“ sind flektierte Formen des bestimmten Artikels; andererseits existiert bei Substantiven auch eine Genusableitung: aus „Löwe“ wird durch Wortbildung mit dem Suffix „-in“ die weibliche Form „Löwin“. Der Unterschied zwischen Flexion und Wortbildung liegt darin, dass das Auftreten von Flexion auch Gegenstand grammatischer Regeln ist: Ein Artikel muss immer flektiert werden, wenn er in einem Satz verwendet wird; im Regelfall kann man aber nur wenige Substantive durch Genusableitung verändern; in jedem Fall verhalten sich diese dann aber wie eigenständige Wörter, und die Wahl geschieht rein nach der Mitteilungsabsicht [6].
Morph, Allomorph und Morphem
Die Termini „Morph“, „Allomorph“ und „Morphem“ sind Bezeichnungen für die kleinsten bedeutungs- oder funktionstragenden Bestandteile eines Wortes. Als Morphe bezeichnet man die hinsichtlich ihres Typs noch nicht klassifizierten Einheiten. Beispielsweise liegen in den Wörtern „Lehr-er“, „Kind-er“ und „größ-er“ drei -er-Morphe vor. Erst nach Eruierung ihrer Funktion und Bedeutung kann man sie bestimmten Morphemen zuordnen: Das -er in „Lehrer“ wird zur Bildung des maskulinen „Nomen Agentis“ benutzt, -er in „Kinder“ zur Bildung des Plurals und -er in „größer“ zur Bildung eines Komparativs.
Haben Morphe mit unterschiedlicher Form dieselbe Funktion, handelt es sich um sogenannte Allomorphe eines bestimmten Morphems. So kodieren beispielsweise die Affixe -er in „Kinder“, -e in „Hunde“, -(e)n in Fragen, -s in „Autos“, aber auch das Nullmorphem, wie in „der/die Wagen“, am deutschen Nomen angehängt jeweils Plural; sie sind somit Allomorphe des Pluralmorphems. Haben verschiedene Morpheme dieselbe Form, so handelt es sich um einen Fall von Synkretismus.
Regeln der Flexion und Wortbildung
Es lassen sich verschiedene Verfahren oder Regeln unterscheiden, die bei der Flexion und der Wortbildung zu beobachten sind.
Flexion (Beugung)
→ Hauptartikel: Flexion
Zur Flexion zählen Konjugation und Deklination. Viele Autoren zählen auch die Steigerung, Komparation zur Flexion.
Beispiel: Ich brauche Trinkwasser.
An das Grundmorphem brauch- wird e als Flexionsmorphem für 1. Person Singular Präsens Indikativ Aktiv angehängt.
In einigen Theorien wird die Flexion allerdings nicht einer separaten Ebene der Morphologie zugeordnet, sondern in das Gebiet der Syntax eingegliedert, da das Erscheinen von Flexion syntaktischen Regeln unterliegt.
Derivation (Wortableitung)
→ Hauptartikel: Derivation (Linguistik)
Derivation bezeichnet Wortbildung durch Kombination von Wortstämmen mit Affixen.
Beispiele mit Suffixen: Gesund-heit, Freund-schaft, Mann-schaft, Freundlich-keit
An das Grundmorphem Gesund wird heit angehängt, ein Derivationsmorphem, um Adjektive in Substantive zu überführen. Bei der Bildung des Wortes Freundlichkeit wird das Affix -keit an einen bereits zusammengesetzten Stamm freund-lich angefügt.
Beispiele mit Präfixen: Auf-stand, ver-stehen
Komposition (Wortzusammensetzung)
→ Hauptartikel: Komposition (Grammatik)
Komposition bedeutet die Bildung von Wörtern aus (in der Regel) zwei Wortstämmen, die selbst komplex sein können. Die Bestandteile können also ihrerseits Komposita sein oder Derivationsprodukte.
Beispiele: Sprach-wissenschaft, Schiff-fahrt-s-gesellschaft, Schul-hof, Rot-verschiebung
Durch Kombination des Grundmorphems Sprach(e) mit dem aus Derivation entstandenen Wort Wissenschaft (Ableitung von Wissen, dies gebildet aus wiss+en) entsteht ein Kompositum. Im Falle des Dreifachkompositums Schifffahrtsgesellschaft ist zwischen dem Kompositum Schifffahrt und dem selbst derivierten Wort Gesellschaft das Fugenelement -s- eingefügt. Ein anderes Fugenelement ist etwa -e- wie in Schwein-e-braten (vorwiegend in Deutschland, dagegen Schwein-s-braten vorwiegend in Österreich). In den Fällen Sprachwissenschaft und Schulhof wird bei den ersten Grundmorphemen Sprache und Schule der Auslaut getilgt.
Kürzung
→ Hauptartikel: Trunkierung (Sprache)
Hier unterscheidet man in:
die Abkürzung, bei der man die Anfangsbuchstaben der einzelnen Morpheme, aus denen sich das Wort zusammensetzt, einzeln ausspricht
Beispiel: Wintersemester → WS
das Akronym, das denselben Regeln wie die Abkürzung folgt, wobei hier jedoch ein neues phonetisches Wort entsteht
Beispiel: Deutsches Institut für Normung → DIN
die Kürzung, bei der Wortmaterial gelöscht wird, um ein weniger kompliziertes Wort zu erstellen
Beispiel: Universität → Uni
Konversion
→ Hauptartikel: Konversion (Linguistik)
Als Konversion wird die Bildung eines neuen Worts nur durch Änderung der Wortart eines existierenden Worts oder Wortstamms bezeichnet. Konversionen sind z. B. Infinitive von Verben, die ohne Hinzufügung eines Affixes in Substantive überführt werden. Konversionen von Substantiven in Verben sind auch möglich, ebenso Konversionen von Adjektiven in Verben.[7]
Deutsche Beispiele:
denken → das Denken
laufen → das Laufen
schlafen → der Schlaf
Englische Beispiele:
fish → to fish
to kick → a kick
cool → to cool
Französische Beispiele:
garder → garde
visiter → visite
Linguisten sind sich uneinig, ob die Konversion zur Derivation gezählt werden sollte. Manche Linguisten betrachten die Konversion als Derivation, in der einem existierenden Wort ein Nullmorphem hinzugefügt wird (auch „Zero-Morphem“ genannt und vielfach in der Form „Ø-Morphem“ geschrieben). Die Konversion wird in diesem Zusammenhang „Null-Ableitung“ genannt. Andere Linguisten betrachten die Konversion nur als eine Änderung der Wortklasse ohne Änderung der Form.[8]
Kontamination (Blending)
Hierbei verschmelzen zwei bestehende Wörter zu einem neuen. Die Ausgangswörter sind nicht mehr vollständig erkennbar.
Beispiel: Motor und Hotel → Motel
Das entstandene neue Wort wird als Portmanteau-, Schachtel- oder Kofferwort bezeichnet.
Morphologie und formale Sprachen
Aus Sicht der Informatik lassen sich viele morphologische Phänomene mit regulären Ausdrücken formal beschreiben, besonders wenn sie rein aus Affigierungen ohne weitere Veränderungen des Materials bestehen. Einige Phänomene allerdings, so die arabische Derivationsmorphologie, sind mit regulären Sprachen nicht zu erfassen [6].
⠀ Deklination des Substantivs. Phonetik mit Plural und Artikel. URL: https://www.verbformen.de/deklination/substantive/?w=Morphologie
⠀ Morphologie. Lernhelfer. URL: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch/artikel/morphologie
⠀ Morphologie: Was ist Morphologie? URL: https://home.uni-leipzig.de/heck/morph07/webintro.pdf
⠀ Morphologie – Die Bausteine von Wörtern (Linguistik). URL: https://www.osa.fu-berlin.de/germanistik/beispielaufgaben/morphologie/index.html
⠀ Was ist Morphologie? URL: https://www.retresco.de/ressourcen/lexikon/lexikoneintrag/morphologie
⠀ Morphologie. Wikipedia. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Morphologie_(Linguistik)